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26.02.2016 – Helikoptergeld

Jetzt ist das Grundeinkommen auch im neoliberalen Mainstream ein Thema. Man muss allerdings Helikoptergeld dazu sagen. Kommt jetzt auch das Lohntütengeld zurück?

Die letzten Jahre haben tiefe Spuren in den Köpfen der Wirtschaftskommentatoren eingegraben. Spuren, aus denen man kaum noch rauskommt. Wir sind alle kleine Mario Draghis geworden und zerbrechen uns den Kopf des EZB-Chefs. Wirtschaftspolitik ist Geldpolitik. Punkt. Fiskalpolitik – das weiss man ja – ist angesichts der Verschuldung unmöglich geworden. „Lohnpolitik“ sagt man nicht. Das heisst jetzt „Deregulierung“ oder „Strukturreformen“. Der Zusammenhang zwischen Geldpolitik und Strukturreformen ist, dass erstere den Mut zu letzterem lähmt. Ein Punkt, denn man als Kommentator nie zu erwähnen vergessen darf.

Doch allmählich wird klar, dass die Geldpolitik, so wie sie Draghi bisher betrieben hat, die Konjunktur auch nicht ankurbeln kann. Noch nicht einmal negative Zinsen können die Unternehmen zu Investitionen verleiten. Die Konjunktur stockt nicht nur, sie droht zu kippen. Da kann man nicht mehr warten bis die Strukturreformen greifen. Also braucht es noch mehr quantitative Erleichterung. Die Namen stehen schon: QE 3 und QE 4. Die Kommentatoren haben den Jargon gelernt. QE 3 steht für QE auf ewig. Doch der aktuelle Favorit der Medien ist QE 4 oder Helikoptergeld. Alle reden davon. Der „Economist“ ist dafür, die „Financial Times“ hat ihm einen Leitartikel gewidmet und sogar in der NZZ hat das Helikoptergeld zumindest einen Anhänger.

Diese Wende ist insofern ein Lichtblick, als hinter dem Helikoptergeld die Einsicht steckt, dass es auch auf die private Konsumnachfrage ankommt. Mit QE hat die EZB bisher im wesentlichen bloss die Staatshaushalte, bzw. die laufenden Sozialausgaben, finanziert. Das hat die Nachfrage zwar auf tiefen Niveau stabilisiert, aber auch nicht mehr. Mit QE auf ewig, könnte immerhin etwas Ruhe ins System gebracht werden. Man weiss dann, woran man ist. Wenn die Zentralbanken jedoch ihr Geld direkt an die Bürger verteilen, statt damit Staatschulden zu erwerben, dann würde das zweifellos den Konsum zumindest der ärmeren Hälfte der Bevölkerung mächtig ankurbeln. Damit hätten die Unternehmen auch Anlass, ihre Produktionskapazitäten zu erweitern. Egal wie tief oder hoch die Zinsen dann sind.

Als Milton Friedman den Begriff „Helikoptergeld“ schuf, gab es noch keinen Drohnen, sonst hätte er vielleicht von Drohnengeld gesprochen, denn ein gezielter Abwurf auf Wirtschaftsubjekte mit hoher Konsumneigung – sprich für die Armen – erhöht die Wirkung dieser Waffe erheblich. Solche Überlegungen kommen in der Diskussion über das Helikoptergeld bisher noch kaum vor. Das hat auch einen politisch-juristischen Grund: Helikoptergeld könnte man mit äusserste Not vielleicht noch mit dem Auftrag einer Notenbank vereinbaren. Drohnengeld hingegen gehört mit seiner verteilungspolitische Komponenten eindeutig in der Bereich der Wirtschaftspolitik.

Dennoch ist absehbar, dass irgendwann auch die verteilungspolitischen Aspekte des Helikoptergeldes diskutiert werden, und spätestens dann werden sich die Kommentatoren vielleicht daran erinnern, dass es früher schon mal ein solches Instrument gab – das Lohntütengeld. Könnte man dasselbe Ergebnis nicht auch erreichen, wenn man die Unternehmen dazu bringt, wieder höhere Löhne zu bezahlen? Das lässt sich zwar nicht so leicht verordnen wie Drohnen- oder Helikoptergeld, hätte aber den Vorteil, das Problem an der Wurzel zu packen. Jeder, der volkswirtschaftliche Gesamtrechnung kennt und die wichtigsten verteilungspolitische Daten zur Kenntnis nimmt, kann das leicht erkennen.

Für die Leser von flassbeck-economics ist das natürlich kalter Kaffee. Aber wir freuen uns über jeden, der über den Umweg über das Helikopter- Drohnen- und Lohntütengeld demnächst vielleicht zur Erkenntnis kommt, dass wir endlich wieder über die Lohnpolitik diskutieren müssen.


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